Was für ein wunderbarer Tag in München. Die Sonne scheint hell und warm, der ICE war fast leer und pünktlich zugleich, lernte erneut nette Menschen kennen und festigte auch bereits bestehende Vorurteile, bzw. sah sie erneut bestätigt.
Ich stieg zielsicher in die falsche S-Bahn ein und fuhr bis vor die Tore Münchens, bis ich meinen Irrtum erkannte. Nichts weiter tragisches, hatte ich doch nur acht Minuten zu warten, bis die ersehnte S-Bahn zurückfuhr und mich zum HBf beförderte.
Wartend stand ich auf dem Bahnsteig, wo ein paar pubertierende halbstarke ihren Humor und Sprachkentnisse verglichen, fanden sich unter ihnen, bzw, doch ein wenig abseits, zwei besonders herausstechende Subjekte Objekte, die scheinbar eine Konversation mit den anderen versuchten.
Die Kleidung der Beiden, der freche, kurze Haarschnitt sowie das singende schreiende Handy (was haben sich die Entwickler nur dabei gedacht, für das Ohr völlig untaugliche Lautstärken zu erlauben), mit nur allzuoffensichtlichen Texten und dem katastrophalen Satzbau (selbst für meine Verhältnisse), konnte ich sofort die dazu passende Schublade öffnen und sie hineinstecken.
Erfreulicherweise saßen sie mir gegenüber und der größere Schwachkopf Jungendliche erfreute den gesamten Wagon mit seiner Musik Denkweise, mit dem Handy als Leitfaden (In Japan Kult, nennt sich Karaoke). Da ich meine eigenen Gedaken nicht mehr so recht zu fassen bekam, bat ich ihn doch, seine Heiterkeit, zuzüglich Handy, ein wenig zu drosseln. Darauf hin sagte er, in einer mir unbekannten Sprache, etwas zu mir, aber aufgrund des Lärmpegels verstand ich nichts. Da sich mittlerweile auch sein Kollege mit in diese „Wortfetzen“ einband, gab ich mehrmals zu verstehen, dass ich ihre Sprache nicht verstand. Der Große sah dann wohl ein, dass er wirklich das Gerät leiser drehen müsse, um mir die Gelegenheit zu geben, zu verstehen, was die beiden mir mitteilen möchten.
Ich sollte noch anmerken (für den weiteren Akt der nun folgt), als sie einstiegen, gab der Große etwas von sich, was mich ein wenig schmunzeln ließ. Da ich dieser Artikulation und des Dialektes, wie er in Bayern vorstellig ist, nicht artgetreu wiedergeben kann, hier eine Fassung in hochdeutsch: „Wir leben hier in Deutschland und da wird deutsch gesprochen!“.
Es kam wie es kommen musste, sie fingen an sich mit mir zu „unterhalten“. Da wurden grundsätzliche Dinge geklärt wie „Was ist ein Neonazi“ und wie erkennt man eben diese (mangels Spiegel, hielt mein Kommentar zu dieser Frage lieber für mich) und ob ich mich denn für Politik interessieren würde. „Das könnte spannend werden“ dachte ich mir.
Das „tiefere“ Gespräch führte ich allerdings mit dem Kleinen, da sich der Große wohl nicht im Stande sah, meinen Sätzen zu folgen, aber, immerhin, er schaltete seine Minijukebox ab und steckte es in die mit Buttons reich verziehrte Brusttasche, bei der jeder Button Sammler vor Neid erblasen könnte. Einen von diesen zeigte er mir höchstpersönlich: „Skin and Punk“ stand auf diesem, nachdem wir den Kleiderstil erörterten. Wobei, ich glaube es war bei dem Thema, nachdem ich doch erwähnte, dass Nazis in erster Linie Rassisten seien. Dabei sprach dieser wieder ein paar Worte und grüßte den europäischen Mitbürger, der am Eingang stand. „Er hasse keine Ausländer“ meine ich verstanden zu haben. Er sprach auch sehr erheitert von „White Power“ (ah, er mag wohl Letheal Weapon II(I?) „Sie können nicht nach Südafrika, sie sind schwarz!“) und zeigte darauf hin auf seine weißen Schnürsenkel. Der Sinn erschloß sich mir aber nicht.
Sein Kollege hat sich derweil einen Platz neben mir ausgesucht, für ein tiefergehendes Gespäch, und ich erkannte kristallklar, das eine od. andere Bier wird sicherlich der Rhetorik sehr abträglich sein.
Wir unterhielten uns ein wenig über Ansichten, Respekt und dass er vor niemandem Respekt habe, vor allem nicht einem wie mir. Schuld an diesem Umstand, den ich „wirklich“ zu tiefst bedaure, sind meine Haare, bzw. ihre Länge.
Ihm den Unterschiede zwischen Geschmack und Respekt zu erläutern schlugen fehl und der junge Schläger Herr wurde in seinen Antworten von seinem Freund mit Kommentaren bestärkt: „Du redest da hat er das Maul zu halten, sonst polier ihm die Fresse“ . Allerdings gab der Kleine des öfteren Bitten ab, der Große möchte doch bitte die „Fürze“ halten, was auch immer das für ein Wort sein mag, doch es half nicht wirklich. Ich nehme mal an, soviel aneinanderhängende Worte konnte er schon lange nicht mehr sprechen, sodass er wohl froh darüber war, es noch, sicherlich aus seiner Sich, zu können. Das wollte er sich natürlich nicht entgehen lassen.
Doch richtig unterhaltsam wurde es, als der Jüngere Intelligentere von beiden Wörter wie „Streetlife“ in einem „Satz“ fallen ließ. So eine wunderbaren Vorlage konnte ich natürlich nicht widerstehen, als frug ich, was denn dieses „Streetlife“ bedeute. Er musste noch Worte fassen und antwortete stattdessen mit einer Gegenfrage, ob ich wohl dumm sei, und kein Englisch könne. Es war wohl mehr eine Feststellung, als eine Frage. Ich ließ nicht locker und wollte herausfinden, was denn nun der Kern der Aussage sei, und bat ihn die Worte auf deutsch wieder zu geben. Was folgte war die pure Stille meines Kontrahenten. Ich könnte es mir eingebildet haben, aber ich meine ein kichern der übrigen Fahrgäste vernommen zu haben, die äußerst interessiert am Gesprächsablauf passiv teilnahmen.
Was später folgte war nur das, was ich mir schon dachte. Er fand keine Antwort und griff nun zum Wortschatzbuch, welches noch weiter unten im Sumpf stecken musste.
Der Große wurde nun allzuoffensichtlich des Gesprächs überdrüssig, an welchem er ohnehin kaum teilnehmen durfte, und drohte dann doch lieber mit Prügel. Da mir so schon ein klein wenig mulmig war, war ich nicht sonderlich erpicht darauf, eine Prügelei mit zwei angetrunkenen *Nazis, bei denen sich Hitler was schämen würde, anzufangen, führte ich das Gespräch mit dem Kleinen weiter und ließ den Großen einfach links liegen.
Desweiteren sind meine Aikido Fähigkeiten noch zu frisch und noch nicht tief genug im Unterbewußtsein verankert, als dass ich es riskieren würde, zumal ich in voller Reisemontur (Koffer, Rucksack Laptop) da saß. Und inwieweit die Umstehenden eingegriffen hätten …. da war ich doch ein wenig erleichtert meine Station erreicht zu haben.
Fazit: Egal ob in Nazitracht oder im Anzug: Das Hirn hat den Evolutionsgrad einer Amöbe nie erreicht.